Europas Kreditgeber stehen unter enormen Druck, sich von Vermögenswerten zu trennen, um ihre Kapitalbasis zu stärken. Während sich die Banken für schwierige Zeiten rüsten, um potenzielle Schocks der Krise in der Eurozone aufzufangen, schrumpfen die Institute ihre kapitalintensiven und risikoreichen Geschäfte im Sektor des Bondhandels. Gleichzeitig versuchen sie Finanzierungsproblemen zu begegnen, indem sie um Kontoinhaber wetteifern. US-Banken haben bereits über einen starken Rückgang ihrer Einnahmen aus dem Investmentbanking berichtet, während sich dieser Trend in Europa noch deutlicher manifestieren könnte.
Europas Banken stoßen Vermögenswerte ab und schrumpfen ihre Bilanzen
Die Sorgen über eine Eskalation der Staatsschuldenkrise hat viele Investoren dazu veranlasst, sich schnellstens in Sicherheit zu bringen, was eine ganze Reihe von Geschäften austrocknen ließ. Schätzungen gehen davon aus, dass die Einnahmen europäischer Investmentbanken im vierten Quartal im Vergleich mit den drei vorangegangenen Monaten um durchschnittlich 15% sinken werden. Unter den fünf Topinstituten an der Wall Street, die ihre Quartalsberichte bereits vorgelegt haben, gingen die Erträge in diesem Sektor um 5% zurück. Das könnte für einige der größten europäischen Institute wie der Deutsche Bank AG zu Kopfschmerzen führen. Auch wenn die Deutsche Bank und Großbritanniens Barclays Bank durch sinkende Einnahmen in diesem Sektor getroffen werden, dürfte ihre Dominanz an den Anleihemärkten zu deutlich besseren Ergebnissen als denjenigen der Konkurrenz führen. Einige Analysten machen beide Institute langfristig gar als Gewinner eines Einbruchs im Investmentbanking aus. Eine ganze Reihe spanischer Banken wird in bezug auf die Qualität ihrer Kreditbücher auf dem Prüfstand stehen, da das Volumen an faulen Schulden in den finanziell Not leidenden Ländern der Eurozone auf dem Vormarsch ist.

Das vierte Quartal werde sehr blutig werden, wenn man die Schmerzen mit einbeziehe, die einige Institute durch die Restrukturierung ihrer Investmentbankingabteilungen einstecken müssten, wie Marktbeobachter erklärten. Europas Banken werden im Sektor der festverzinslichen Erträge hart getroffen, denn ihrer Natur nach sind die Banken in Europa in diesem Sektor stärker als ihre Rivalen in den Vereinigten Staaten. Europäische Banken verdienen normalerweise mehr Geld in Europa als in den Vereinigten Staaten. Doch Europa kämpft gegen seine Staatsschuldenkrise, womit die Euro-Banken mehr mit den Problemen in ihren Heimatmärkten zu tun haben als ihre US-Konkurrenten. Von Europas schrumpfenden Banken wird erwartet, dass sie eine Erklärung abgeben, auf welche Weise sie ihre Investmentbankingstrategie umgestalten wollen, da nun zusätzlich strengere Kapitalregeln gelten. Die beiden Schweizer Banken UBS AG und Credit Suisse AG reduzieren ihre Anleihegeschäfte, indem sie riskantere Vermögenswerte entweder durch Verkauf oder eine Reduzierung neuer Geschäfte abwerfen.
Die größten französischen Banken wie Societe Generale oder BNP Paribas haben ebenfalls ihre Kreditvergabe im Sektor der Finanzierung der Schiff- und Luftfahrt reduziert, was die Einnahmen beider Institute treffen wird. Analysten gehen im Allgemeinen davon aus, dass sich diese Entwicklungen bereits negativ auf die Ergebnisse des vierten Quartals auswirken werden. Die teils drastischen Mitarbeiterentlassungen werden zu steigenden Abfindungskosten führen, die zum Beispiel auch jährlichen Gesamtkosten bei der Citigroup in die Höhe getrieben haben. Europas Banken hatten im letzten Jahr bereits eine große Runde an Entlassungen angekündigt, allen voran Großbritanniens Institute Royal Bank of Scotland (RBS) und Barclays. Auch die zwei großen Schweizer Banken sowie französische Kreditgeber befanden sich unter den Instituten, die ihre Mitarbeiterzahl am drastischsten reduziert haben. RBS, von der heute mehr als 80% den britischen Steuerzahlern gehört, und die aufgrund der an ihre Vorstände gezahlten Boni in Höhe von 1 Million Pfund abermals in die Kritik geraten ist, warnte bereits vor schwierigen Marktverhältnissen im vierten Quartal und gehört zu den schlechtesten Performern der Region. Die Gesamtvergütung der Mitarbeiter werde höchst wahrscheinlich sinken. Selbst Goldman Sachs, eine der spendabelsten Banken unter den Wall Street Firmen, hat angekündigt, die Kompensation ihrer Mitarbeiter für das Jahr 2011 um 21% zu reduzieren.